Freitag, 24. August 2018

Zwischen uns ein ganzes Leben (Melanie Levensohn)

Zwischen uns ein ganzes Leben (Melanie Levensohn)

Ohne die Vergangenheit gibt es keine Gegenwart und keine Zukunft

Inhalt
1982 in Montreal . Lica, ein aus Rumänien ausgewanderter Jude, offenbart seiner Tochter auf dem Sterbebett, dass er eine weitere geliebte Tochter hat, Jacobinas Halbschwester Judith. Allerdings hat er den Kontakt verloren, als er mit Jacobinas Mutter zusammen war, und sie nach dem 2. Weltkrieg auch nicht wieder gefunden. Er nimmt Jacobina das Versprechen ab, nach ihrer Halbschwester zu suchen.

So beginnt das Buch, das dann im Folgenden 2 sich abwechselnde Erzählstränge hat:

Judiths Leben im von Deutschen besetzten Paris ab 1940, ihre Hoffnungen, die erste Liebe, ihre Ängste vor den Besatzern, die Not im Krieg und als Jüdin in Paris ... geschildert in Tagebuchform, liebevoll mit Details versehen und Herzklopfen auslösend.

Und Beatrice, gebürtige Pariserin, erfolgreiche aber doch beruflich nicht zufriedene PR Managerin der Weltbank 2006 in Washington DC, verpartnert mit Joaquin aber nicht glücklich und oberflächlich.
Durch Zufall trifft sie auf Lena, die für eine Hilfsorganisation arbeitet und beginnt dort ehrenamtlich mitzuarbeiten. Dabei lernt sie Jacobina kennen, die verarmt und ohne Zukunfstperspektive auf die Hilfe der Organisation angewiesen ist.
Judith lebte in Paris und Bea stammt aus Paris - das nimmt Jacobina zum Anlass, sie um Hilfe bei der immer wieder aufgeschobenen Suche nach ihrer Halbschwester zu bitten. Und da Bea derzeit tief in einer beruflichen und partnerschaftlichen (Sinn)Krise steckt, fängt sie tatsächlich an zu recherchieren: im Holocaust Museum und per Mailanfragen an verschiedene Stellen. Unterstützt wird sie dabei durch Gregoire, der im Museum eine Art Praktikum macht. Erste Erfolge schüren den Spürsinn und auch Unterlagen von Lica, die Jacobina aufbewahrt hat, bieten neue Hinweise. Wirklich weiter kommt Bea aber nicht sondern verwickelt sich selbst immer tiefer in den beruflichen und privaten Abstieg - erkennt aber dabei auch neue Wertvorstellungen für sich.
Als sie dann durch Zufall auf den Nachnamen von Judiths Geliebten stößt, hält sie nichts mehr in Washington, sondern sie fliegt zu Gregoire, der wieder nach Hause zurückgekehrt ist. Im Gepäck der Brief mit dem Absender des Geliebten "C" und der Nachruf der alten Julia, die auch im Museum geholfen hatte bis sie vor wenigen Tagen starb.
Bei Gregoire lichtet sich zunächst Beas Liebesdschungel - und dann auch das Geheimis, das Julia und Judith verbindet - und deren Anknüpfungspunkt an Gregoires Vater und Großvater mit dem der Vater aus für Gregoire unerfindlichen Gründen komplett gebrochen hatte.

Und hier schließt sich ein Kreis, der ganz am Anfang begann ...

Klingt bisserl wirr? ... Zugegeben, im Buch ist das deutlich besser nachvollziehbar, weil ausführlicher ;) - Lest selbst!

Cover und Aufmachung
Das Coverbild zeigt ein junges Paar, wohl in Paris, kleidungstypisch in den Anfängen des 2. Weltkriegs. Innig einander zugewandt. Verblassene Farben. Mir gefällt das gut!
Das Taschenbuch hat ein Cover mit einem Einschlag (als Lesezeichen ggf zu nutzen). Papier und Schrift sind angenehm.
Die Tagebuchanteile von Judith sind jeweils mit Daten überschrieben. Die Erzählungen "im Heute" bei Bea leider nicht, denn das würde helfen, sich besser zu orientieren.

Mein Leseeindruck
Ich bin sehr bewegt von diesem Buch!

Die Verknüpfung der beiden Erzählstränge am Ende gelingt gut, wenn auch etwas abrupt und teilweise "filmisch unwirklich".

Judith nahm mich in ihrem (Er)Leben gefangen - ich habe mich mit ihr gefreut und mit ihr gelitten.
Auch Jacobina hat mich tief berührt. Vor allem in der Anfangsszene am Sterbebett ihres Vaters als sich ihr Pflichtbesuch zu einer gefühlvollen Annäherung wandelte.
Bea macht eine Wandlung durch - und mit ihr auch meine Sicht auf Bea. Ihr verwitweter Freund Joaquin und dessen Tochter sind und bleiben mir unsympathisch.

Manches hätte ich mir am Schluß anders gewünscht, aber dann wäre es wohl noch unglaublicher gewesen - trotzdem blieb irgendwie bis zum Schluß die Hoffnung auf ein Wiedersehen der beiden Schwestern.

  • Broschiert: 416 Seiten 16,99 Euro
  • E Book 14,99 Euro
  • MP3 CD 16,95 Euro
  • Verlag: FISCHER Taschenbuch; Auflage: 2 (22. August 2018)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3596702712
  • ISBN-13: 978-3596702718

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen